Station 1: Gründonnerstag
»Abendmahl«

Dr. Ilse Kjer • Hans-Joachim Stuck • Christian Hoffmann

Abendmahl
Ich sah an einem Tisch sie sitzen:
Juden und Griechen,
bunt gemischt,
als wenn das ging.
Da sah ich, dass es ging,
von heute an –
statt Mißgunst, eisig Schweigen,
hämisch Lachen
ein Singen neuer Lieder, alter Psalmen.

Ich sah an einem Tisch uns,
Männer, Frauen,
sanft,
unverschleiert,
ohne schräge Blicke,
Knechte und Herren,
ohne erste Ränge.
Und alle tranken aus demselben Becher.

Ich sah –
Gott wird es mir zugute halten –
was noch nicht ist:
sein Leib, der einen Leib aus vielen macht.
Die Menschheit neu geboren,
Messias-Leib,
Tod – hinter sich gelassen.


H. Oosterhuis

»Fusswaschung«

Sighart Baumgart • Christian Hoffmann

Station 2
»Garten Gethsemane«

Rita Preuschoff-Kock • Hans-Joachim Stuck • Christian Hoffmann

Ein Leben lang
Betend
also gewohnt
in den Wüsten zu wohnen
Durststrecken zu durchstehen
von jeher
halten wir stand
wir haben den längeren Atem
wir haben die größere Hoffnung.

Betend
also mit anderen Augen
sehen wir manchmal Zeichen
auf den Zusammenhang weisend
sehen vor Tage
ein wenig schon
wie ein Licht
das verheißene Land.

Betend
also denkend das Undenkbare
folgen wir der Spur
halten Schritt mühsam
mit dem der vorangeht
durch Wasser und Wüste
der möglich macht das Unmögliche
der Leben wirkt
aus dem Tod.


Lothar Zenetti


Station 3
»Jesus vor Pilatus«

Sighart Baumgart • Dr. Ilse Kjer • Hans-Joachim Stuck • Christian Hoffmann

Nachts geträumt
Nachts kamen sie,
die stummen Helfer des Todes führten mich aus meinem Haus
Nichts konnte ich mitnehmen ins Grab
nicht meine Papiere, keine Bücher, kein Geld
nicht meine Kamera, kein Tonbandgerät, keine Platten
nicht meine Kleider, nicht Wäsche noch Schuhe
keines meiner guten Werke
keinen meiner Fehler, keine Erinnerung
nichts kannst du mitnehmen in das Gericht
du hast nichts in der Hand, wenn es gilt


Der große Richter
flüstert man neben mir
soll Jude sein, ein
jünger Mann um die dreißig
Ich weiß
ich kenne ihn
all meine Hoffnung setze ich auf ihn.


Lothar Zenetti


Station 4
Karfreitag
»Kreuzigung«

Sighart Baumgart • Hans-Joachim Stuck • Christian Hoffmann

Gefährliche Saat
Sie zählten dich unter die Missetäter
Sie beschlossen deinen Tod
Sie gruben dich ein


Doch es ging auf die gefährliche Saat
das unzerstörbare Leben
das brachte den Stein ins Rollen


Sie wollten dich unter die Erde bringen
aber
sie brachten dich unter die Leute


Lothar Zenetti


Station 5
Karsamstag
»Grablegung«

Dr. Ilse Kjer • Rita Preuschoff-Kock • Hans-Joachim Stuck • Christian Hoffmann

Nein
ich bin meiner Sache nicht sicher
was das Ende betrifft
das Sterben das Grab das Vergehn
und den unaufhaltsamen Tod
der mich aufzehren wird
und austilgt für immer
daran ist kein Zweifel

Und doch bin ich manchmal nicht sicher
und zweifle am Augenschein
und denke nach
ob nicht doch etwas bleibt
von dem was ich war ob nicht doch
im grauen Geröll in dem Staub
in dem Tod eine Spur sich
unvergessen erhält
ob nicht doch einer ist
der mich ruft mit Namen vielleicht
der mir sagt dass ich bin
dass ich sein soll für immer
und leben werde mit ihm

Nein
ich bin mir meiner Sache nicht sicher
was das Ende betrifft und den Tod
gegen den Augenschein
hoff ich auf Ihn

Lothar Zenetti


Station 6
Ostersonntag
»Auferstehung«

Hans-Joachim Stuck • Christian Hoffmann • Sighart Baumgardt

Wir stehen auf
Sucht den Lebendigen nicht bei den Toten,
denn er will in uns allen erstehn.
Ja es geschehen noch Zeichen und Wunder,
und wer glaubt, kann sie heute schon sehn.

Vor Freude selig und von Tränen blind,
mit Augen, die das Licht noch nicht ertragen,
wie Menschen, die noch nicht geboren sind,
so stehn wir auf am Morgen nach drei Tagen.

Von finstern Mächten waren wir bewacht,
gefesselt und dem Tode übergeben.
Nun ist vorbei die lange dunkle Nacht,
in Ängsten waren sie und sieh wir leben.

Nun ist der Bann gebrochen, wir sind frei,
nicht länger wird die Folter uns noch quälen,
es singt ein Volk die große Litanei
und nieman kann die vielen Stimmen zählen.

Sucht den Lebendigen nicht bei den Toten,
denn er will in uns allen erstehn.
Ja es geschehen noch Zeichen und Wunder,
und wer glaubt, kann sie heute schon sehn.

Lothar Zenetti


Station 7
Ostermontag
»Emmaus«

Dr. Ilse Kjer • Hans-Joachim Stuck • Christian Hoffmann

Folgerichtiger Gedankengang
Das soll so geschehen sein,

dass da zwei Jünger gingen so enttäuscht
nach Jesu Tod nach Emmaus hin und
nicht verstanden, warum alles
so gekommen war.

Das kann so gewesen sein,

dass einer kam wie irgendeiner
und sprach mit ihnen und erschloss
den Sinn der Schrift, so
das ihr Herz brannte.

Das wird so geschehen sein,

dass sie ihn baten, doch
zu bleiben in der Nacht
und das sie dann am Tisch den Herrn
erkannten, wie das Brot er brach.

Das muss so gewesen sein

denn auch uns ist es ebenso geschehen
und es geschieht immer neu unter uns:
In dem Wort und im Brot, mit den
Augen des Glaubens erkennen wir ihn.

Lothar Zenetti